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Presseaussendung April 2003
Absender: info@privatkopie.net
Subjekt: Stellungnahme der Initiative privatkopie.net anlässlich
der Verabschiedung des Gesetzes zur Regelung des Urheberrechts in der
Informationsgesellschaft
Text: Presseaussendung der Initiative privatkopie.net
Mit großem Bedauern stellen wir fest, dass die jetzt beschlossene
Regelung ihr Ziel verfehlt. Der Ausgleich zwischen den Interessen der
Allgemeinheit und denen der Rechteinhaber, der die Grundlage jeder Urheberrechts-Gesetzgebung
ist, wurde nicht erreicht.
Der niedrigschwellige Zugang zu Wissen und Information ist Voraussetzung
dafür, dass Arbeitskräfte in der Informationsgesellschaft Qualifikationen
erlangen und aktualisieren können. Jegliche Innovation beruht auf
verfügbarem Vorwissen. Digitale Medien stellen hierfür ein ungeheures
Potential dar. Ein Urheberrecht in der Informationsgesellschaft
sollte dazu dienen, dieses Potential für alle Bürger optimal
zu entfalten. Stattdessen blockiert das Gesetz Möglichkeiten und
verbietet gar Nutzungen, die für analoge Medien fest etabliert sind.
Theoretisch dürfen Bürger auch weiterhin Kopien von veröffentlichten
Werken für ihren persönlichen Gebrauch herstellen. Tatsächlich
schafft das neue Gesetz durch das Umgehungsverbot von Kopierschutztechniken
und Systemen zum Digital Restrictions Management(DRM) die
Privatkopie im digitalen Bereich jedoch ab. Wer seinem guten Recht nachgeht
und trotz Kopierschutz kopiert, könnte sich künftig mit schmerzhaften
Schadensersatzforderungen der Medienindustrie konfrontiert sehen. Die
massive Lobbyarbeit der Medienunternehmen und ihrer Verbände sowohl
auf nationaler als auch auf EU-Ebene geben zu der Befürchtung Anlass,
dass sich daran auch bei der geplanten zweiten Stufe des Gesetzgebungsprozesses
nichts ändern wird.
Das jetzt verabschiedete Gesetz wird erhebliche negative Auswirkungen
in vielen Bereichen der Wissensgesellschaft nach sich ziehen. Regierung
und Opposition haben gegen die Anfeindungen einiger Verlage grundsätzlich
am Unterrichts- und Wissenschaftsprivileg festgehalten. Doch statt dem
Bildungs- und Forschungsbereich den größtmöglichen Nutzen
aus den digitalen vernetzten Medien zu sichern, beschränkt die jetzige
Reglung ihren Einsatz und bindet ihn an Bedingungen, die Lehre und Forschung
vor große Probleme bei der praktischen Umsetzung stellen. Jeder
Versuch, zeitgemäße Angebote in Bereichen wie E-Learning zu
entwickeln, wird damit im Keim erstickt.
Auch den Bibliotheken ist es versagt geblieben, die Potentiale des Digitalzeitalters
für ihre Nutzer voll zu entwickeln. Ihren öffentlichen Auftrag,
Informationen zur Verfügung zu stellen, sie langfristig zu archivieren
und Medienkompetenz zu vermitteln, werden sie nur noch eingeschränkt
erfüllen können. Ihre digitalen Bestände dürfen sie
nur zu den Bedingungen zugänglich machen, die die Verlage in ihren
Lizenzen nach Belieben festlegen können. Eine Kostenexplosion wie
heute schon bei wissenschaftlichen Zeitschriften und langwierige Rechtsstreitigkeiten
sind vorgezeichnet.
Dieses Urheberrechtsgesetz ist dringend nachbesserungsbedürftig.
Für die angekündigten weiteren Gesetzgebungsaktivitäten
fordern wir:
+++ Eine praktikable Durchsetzungmöglichkeit für die digitale
Privatkopie.
+++ Die Rücknahme der Einschränkungen des Bildungsprivilegs.
+++ Die längst überfällige Einführung eines Bibliotheksprivilegs.
+++ Ein digitales Pflichtbibliothekssystem, wie es für analoge Medienprodukte
besteht.
+++ Rücknahme der Abschaffung sämtlicher Nutzungsprivilegien
im Online-Bereich.
+++ Keine Abschaffung der Pauschalvergütung zugunsten einer individuellen
Lizenzierung von privilegierten Nutzungen, da diese dem Sinn einer zustimmungsfreien
Nutzung widersprechen und eine Flut von personenbezogenen Daten auslösen
würde.
+++ Eine breite gesellschaftliche Diskussion über die Einführung
von DRM-Systemen und eine wissenschaftliche Analyse ihrer Langzeitauswirkungen
auf den menschlichen Wissensfundus.
Privatkopie.net wird sich gemeinsam mit allen Betroffenen weiter für
tragfähige Lösungen im Urheberrecht und einen gesellschaftlichen
Interessensausgleich einsetzen. Diese müssen so schnell wie möglich
in eine revidierte nationale und europäische Gesetzgebung einfließen.
Das Recht auf die Privatkopie muss im digitalen Zeitalter in vollem Umfang
erhalten bleiben!
Weiter Informationen zum Thema: http://www.privatkopie.net/files/presse.htm
Initiative zur Rettung der Privatkopie
info@privatkopie.net
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